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Das Besondere an PatchworXs

Patchworxs (Patchworkfamilie) vs. Kernfamilie

Vor den Hamburger Skiferien rief mich eine Redakteurin von „Baby und Familie“, dem kostenfreien Apotheken-Magazin, an.
Sie stellte mir eine häufig gestellte Frage: „Was ist anders in einer Patchworkfamilie?“

 

Gute Frage:

„Was ist anders in einer Patchworkfamilie?“

Stellt man diese Frage Patchworkfamilien, sind die Antworten der einzelnen Familienmitglieder vielfältig und oft sehr unterschiedlich. Klar, jeder erlebt seine Familie von seinem Standpunkt aus und jede Position bringt ihre Schwierigkeiten mit sich.
Es ist ein Unterschied, ob ich „nur“ eigene Kinder habe, „nur“ erbeutete Stiefkinder oder beide „Sorten“, ob ich die Familie und die dazugehörige Wohnung regelmäßig wechsle oder immer am gleichen Ort lebe, ob ich meinen Partner durch einen Schicksalsschlag verloren habe oder mich getrennt habe. All‘ das macht einen Unterschied.

Aber diese Unterschiede bringen eines mit sich, was immer gleich ist:
Wir leben mit Menschen unseren Alltag, die nicht zu unserer Kernfamilie gehören.
Hört sich erstmal nicht so außergewöhnlich an.
Ist es aber!

Kernfamilie versus Folgefamilie

In einer Kernfamilie, so nennt man die zuerst gegründeten Familien im Fachjargon, bestimmen im Wesentlichen Mutter und Vater was hinter ihrer Wohnungstür passiert und tragen dafür auch die Verantwortung.

  • Was kaufen wir ein?
  • Wie viele Kinder wünschen wir uns?
  • Auf welche Schule gehen sie?
  • Wieviel Paarzeit ist uns wichtig?
  • Welche Rolle übernehmen die Großeltern?
  • Wohin fahren wir in Urlaub? Und wann und mit wem?

und vieles, vieles mehr…

Die Tatsache, dass diese Dinge – zumindest anfänglich – mit nur einem, in der Regel auch noch geliebten, Menschen ausgehandelt werden müssen, lässt Patchworker neidvoll auf die Kernfamilien schielen.
In Folgefamilien reden deutlich mehr Menschen mit. Wie viele, ist sehr unterschiedlich und welche Beziehung sie zu diesen Familienmitgliedern haben, auch.

Wenn also etwas besonders schwierig in Patchworkfamilien ist, dann die unterschiedlichen Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder zueinander. Egal welcher!

Gerhard Bliersbach schreibt in seinem Buch „Leben in Patchworkfamilien“:
„Ein besonderes Problem ist das Problem der Grenze. Es gilt als das Hauptproblem der Patchworkfamilie. Das Problem der Grenze ist das Problem der Trennung. Juristisch sind die leiblichen Eltern geschieden, räumlich sind sie getrennt, aber beide Elternteile sind dennoch im Patchworksystem anwesend.“

Meine Beratungspraxis zeigt, dass nicht nur die Beziehung zur  „Ex“ oder zum „Ex“ als schwierig erlebt werden kann. Auch Großeltern, Teenager-Beutekinder oder neue Partner spielen oft eine als schwierig erlebte Rolle im Alltag und somit hinter der eigenen Wohnungstür.
Da wo wir uns wünschen alleine bestimmen zu können, wie wir unser Leben gestalten.
Genau deshalb hadern so viele Patchworker mit ihrem Schicksal.
Die schwierige Beziehung muss nicht im Job oder Sportverein „gelebt werden“, sondern in den eigenen vier Wänden. Hier gibt es keinen Feierabend und ich kann nicht mal eben den Verein wechseln und mir passendere Gemeinschaften suchen.

 


„Zu Beginn überschätzt sich das Patchwork-Paar
in seinen sozialen Kompetenzen
und unterschätzt die Anforderungen,
welche ein Patchwork-System an sie stellt.“

Gerhard Bliersbach


 

Diese vielfältigen Beziehungsdynamiken spielen im Alltag eines jeden Familienmitglieds eine Rolle. Wie sich die einzelnen Beziehungen gestalten ist von vielem Abhängig.

Beziehung ist nicht gleich Beziehung

Es gibt die natürlichen Liebes- und Herzensverbindungen, z.B. zwischen Eltern und ihren Kindern. Zwischen den neuen PartnerInnen und ihren Beutekindern müssen sich die Verbindungen erst entwickeln – die Beziehungen müssen wachsen. Manche wachsen schnell, manche langsam, andere wollen nie richtig gedeihen.

Die Ursachen sind so vielfältig und unterschiedlich, wie die Menschen, die „in Beziehung“ miteinander sind.
Aber eines kann man natürlich festhalten, je beziehungskompetenter die erwachsenen Familienmitglieder sind, umso einfacher gestaltet sich das Familienleben einer Patchworkfamilie!

Zur Beziehungskompetenz gehört ausdrücklich auch die Akzeptanz, dass sich die Rollen von allen in einem Patchworksystem verändern. Manche langsam, manche schnell und über Nacht.

Jede Patchworkfamilie ist eine Art Trainingslager in Sachen Beziehungskompetenz.
Vielleicht lässt sich mit diesem Blickwinkel der nächste „Beziehungs-Muskelkater“ besser genießen – wir werden fitter und fitter, je mehr wir miteinander trainieren, denn Übung macht den Meister ;-)!

 

PS
Und versprochen, demnächst geht es mit „Versprochen ist versprochen…“ weiter.

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