favicon_B

Meine Beutekinder in meiner Patchworkfamilie

Skorbut oder wie man seine Beutekinder ernährt, ohne dass einer die Rechnung bezahlen muss!

Teil 1    Als ich bei meinem Mann und seinen Kindern einzog, waren die Beiden noch recht klein, zwei und vier Jahre alt. Alle drei verstanden aber bereits schon viel von schlechter Ernährung. Zur gemeinsamen Mahlzeit am Abend wurden vorzugsweise Spaghetti mit Ketchup serviert. Mein Mann fand das praktisch und die Kleinen fanden es lecker! Ich fand: „Wenn der so weiter macht, kriegen die Skorbut!“ Ich war schwer in meinen Mann verliebt, fand alles an ihm toll und dachte natürlich, dass er das nur macht, weil er es nicht besser kann. Beides Grund genug um ihn und seine Brut zu beeindrucken! Also gab es ab jetzt alles was das Herz begehrt und zu einer ausgewogenen Ernährung gehört – inklusive frisch gebackenen Brots und selbst gemachten Cannelloni, vegetarisch versteht sich! Die Begeisterung der drei war so groß, dass mir keiner mehr meinen Platz in der Küche streitig machen wollte und nun ja, eine gute Köchin sucht sich ihre Zutaten auch selbst aus und geht entsprechend auch einkaufen.

Ein halbes Jahr später hatte ich die Verantwortung für den Einkauf, den Speiseplan und das Kochen auf den Schultern und trug immer schwerer daran. Also suchte ich das Gespräch mit meinem Mann und für ihn war die Lösung schnell klar: „Kein Problem Schatz, schreib mir einen Einkaufszettel!“ Nur irgendwie fühlte sich das nicht nach der Lösung meines Problems an…

Wenn wir die Verantwortung für einen Bereich unseres Familienlebens komplett übernehmen, ohne uns bewußt dafür entschieden zu haben, fühlen wir uns oft unwohl oder empfinden die Arbeitsverteilung als ungerecht. Eine Weile akzeptieren wir das stillschweigend, dann versuchen wir unsere Partner mit Hilfe von Andeutungen auf unsere Misere aufmerksam zu machen.
Spätestens an Sätzen wie: „Bin ich hier eigentliche eure Köchin / Putzfrau / euer Bringdienst etc.“ oder „Wenn ich hier nicht… dann macht es ja keiner“ ist klar, wir haben unsere eigene Grenze schon überschritten und unser innerer Buchhalter notiert schon eine Weile unsere Verdienste und stellt sie den nicht erbrachten Leistungen des Partners gegenüber. Unser Partner weiß häufig noch nicht einmal, dass es diese Rechnung gibt und kennt die Höhe der zu zahlenden Summe schon gar nicht.

Mein Mann ging nun also ein paar Mal in der Woche einkaufen. Für ihn war nun alles im Reinen und ich war nicht zufrieden! Ich hatte gefühlt immer noch den ganzen Haushalt an der Hacke; musste überlegen was auf die Liste gehört, welche Reste zu verarbeiten waren usw.. Zunehmend empfindlich reagierte ich auf Kritik. Ein „Hatten wir letzte Woche nicht erst Pfannkuchen?“ oder ein „Müssen wir soviel Brot wegwerfen, können wir das nicht besser planen?“ traf mich ins Mark und was sollte eigentlich das „wir“ in der zweiten Frage? Am meisten traf mich, wenn die Kinder meine Verkostung mit der ihrer Mutter verglichen. Ein unschuldiges „Mama kauft immer die und die Wurst!“ lies mich sofort verstocken. Wenn die Brut meines Mannes schon nicht zu schätzen wusste, was ich Ihnen servierte – zumal das beste BIOware und viel gesünder und sowieso war – , dann könnte mein Mann sie doch wenigstens zu mehr Dankbarkeit erziehen oder mir selbst genug Wertschätzung und Anerkennung für mein Tun entgegen bringen. Tat er aber nicht! Im Gegenteil! Er war von meinem zunehmenden Gemecker genervt und es gab immer häufiger Streit um die Aufgabenverteilung in unserem Haus. In einem Streit giftete er mich an „Ich habe es so satt, alles und jedes was Du tust unter die Nase gerieben zu bekommen. Dann lass es halt!“ Das lies ich mich nicht zweimal sagen und quittierte meinen Dienst mit „Dann bekoch‘ Deine Brut doch selbst!“ und dachte innerlich „Wirst schon sehen, was Du davon hast.“ Ab jetzt öffnete ich regelmäßig unseren Kühlschrank, um zu prüfen was sich darin befand und ungesundes wurde entsprechend von mir kommentiert – natürlich fundiert und durch wissenschaftliche Studien untermauert! Ich befand mich in einer Art Beobachterposition und im Überwachungsmodus.

Mit Argusaugen beäugte ich, was mein Mann seinen Kindern abends vorsetzte. Inzwischen war ich schwanger und MEIN Kind würde schließlich auch irgendwann mit an diesem Tisch sitzen…

Aber Verantwortung abgeben und trotzdem kontrollieren, das funktioniert nicht!

Verantwortung wird man nur los, wenn der zu verhandelnde Bereich wirklich wieder komplett auf dem Tisch liegt.

Share