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Halbe Kinder gibt es nicht…

Beutekinder und Bonuskinder

… und Beutekinder zählen manchmal doppelt

Teil 2    „Versprochen ist versprochen…“     Wenn es überhaupt eine Liebe gibt, die nicht an Bedingungen geknüpft ist, dann wohl die, die wir unseren Kindern in ihren ersten Lebensjahren entgegenbringen.
Ja, es ist traurig aber wahr – leider knüpfen viele Eltern mit zunehmendem Alter ihrer Kinder ihre Liebe dann doch an bestimmte Bedingungen wie z.B. aufgeräumte Zimmer, den richtigen sozialen Umgang oder gute Schulleistungen.

Die Liebe zu meinem Sohn war bedingungslos – die zu meinen Beutekindern damals nicht wirklich.
Das spürte ich seit mein Sohn auf der Welt war.
Seit er das Licht der Welt erblickte hatte, maß ich mit zweierlei Maß.
Ich wollte diesen Unterschied nicht – kam mir vor wie ein Schwein – aber das half mir auch nicht weiter.

 

Ich hatte damals noch nicht einmal meine Ausbildung zur Familientherapeutin begonnen und stand am Anfang meines Lebens als Bonusmutter.
Wenn ich heute in meiner Patchworkelterngruppe sitze, dann erlebe ich es oft, dass genau dieses Gefühl das ich damals hatte, Unterschiede in Beziehungen zu machen, vielen Patchworkern zu schaffen macht.
Für sie ist es dann eine ungeheure Erleichterung zu erfahren, dass es anderen Menschen genauso geht; die wäre es für mich mit Sicherheit auch gewesen.
Ich hätte erfahren, dass es „Herzensverbindungen“ in Beziehungen gibt. Sie sind einfach da z.B. in Form unserer elterlichen Liebe zu unseren Kindern. Wir können diese Verbindungen einfacher „leben“, müssen nicht so viel Beziehungsarbeit leisten und nachdenken. Wir sind dann nicht nur Kopf, sondern auch Herz und Bauch gesteuert und in diesem Dreiklang sind wir am beziehungskompetentesten.

Wenn wir für unsere eigenen Kinder beispielsweise ein Fest ausrichten, dann tun wir es ihnen zuliebe, aber auch ein wenig uns zu liebe. Uns wird warm ums Herz, wenn wir sehen, wie ihre Augen leuchten. Das ist dann unser Dankeschön, mehr brauchen wir nicht.

Andere Beziehungen müssen wachsen. Deshalb nenne ich sie auch „wachsende“ oder „gewachsene Verbindungen“. Das Wort „wachsen“ weißt darauf hin, dass diese Verbindungen vor allem eines brauchen: Zeit. Und auch Pflege.
Wenn wir Glück haben wachsen die Verbindungen zu unseren Beutekindern schnell, z.B. weil sie ähnliche Interessen haben oder die Chemie zwischen uns stimmt. Mit den Jahren werden sie dann stabil.
Wenn wir Pech haben, tun wir uns schwer und müssen viel an der Beziehungsqualität arbeiten.
Die Qualität der Verbindung hängt aber auch sehr davon ab, wie gut wir auf uns aufpassen.

Richten wir ein ähnliches Fest für unsere Bonuskinder aus, kommt es darauf an, wie gut die Verbindung zwischen uns gewachsen ist. Wie gut sind wir „in Beziehung“?
Ist sie noch ganz frisch und wenig stabil, können wir spüren, dass wir eben nicht bedingungslos lieben. Das wir z.B. ein „Dankeschön“ vom Beutekind erwarten oder tagelange Lobeshymnen unserer Partner*Innen weil wir es eigentlich für sie getan haben.
Ist unsere Beziehung zu unserem Beutekind schon strapaziert, weil wir über unsere Grenzen hinaus investiert haben, werden wir auch „etwas“ erwarten.
Was genau, können nur wir herausfinden.

Wenn uns das bewusst ist, können wir Verantwortung für diese „Bedingungen“ übernehmen. Wir können dann entweder nur geben, was wir wirklich von Herzen geben wollen – ohne dass wir Bedingungen daran knüpfen.
Oder nachspüren und die Bedingung formulieren.
Nach dem Motto: „Okay, ich kann das machen, aber dafür möchte ich …“ (Paarzeit, ein kinderfreies Wochenende etc.).

Hört sich mindestens unromantisch, fast schon berechnend an. Stimmt!
Aber solange jeder für sich und sein persönliches Wohl einsteht und dafür Verantwortung übernimmt, müssen es unsere Partner*Innen nicht tun und auch die Beutekinder nicht.
Dann kommen erst gar keine Gefühle wie „Deine Kinder sind so undankbar, weil Du und Dein(e) Ex immer…“ auf.
Denn die sind auch nicht romantisch und unfair!

 

Meine Kinder, deine Kinder

Für mein Kind würde ich alles tun und das gerne. Punkt.
Für meine Beutekinder nur fast alles. Der Unterschied war nicht mehr wegzudiskutieren.
Mir war zwar klar, dass sich kein Kind der Welt für sein geschmiertes Pausenbrot bedankt.
Aber je länger unsere Beziehung dauerte, je mehr Brote ich schmierte und je mehr mütterlichen Aufgaben ich übernahm, umso eher fand ich, dass es dann wenigstens mein Mann tun könnte. Also entweder Brote schmieren & Co oder sich dafür bedanken.

 


„Kinder müssen mit Erwachsenen sehr viel
Nachsicht haben.“

Antoine de Saint-Exupéry


 

Das Ganze war uns beiden nicht bewusst, es war mehr ein diffuses Gefühlsrauschen, für das wir offensichtlich, ohne Hilfe von außen, keine Worte fanden. Wir verfestigten immer mehr unsere Standpunkten und kamen folglich immer schwerer in Kontakt.

In mir wuchs die Sehnsucht nach noch einem Kind oder, vielleicht auch, nach noch mehr „eigener“ Familie. Nach mehr Familienmitgliedern, bei denen mir alles leichter fallen würde. Ich haderte mit meiner Patchworkfamilie und wollte eine „normale“.

Dazu kam das Gefühl, für alles mögliche zuständig zu sein.
Manches erschloss sich ganz einfach aus unserer Lebenssituation. Ich war wegen meines Sohnes zuhause und kochte, da kochte ich natürlich für alle und ging entsprechend einkaufen – ich habe die Situation bereits in meinen ersten Blogeinträgen (Skorbut) beschrieben.
Mein Mann hatte immer mehr das Gefühl sich für alles und jedes bedanken zu müssen, nichts war mehr selbstverständlich.

Aus diesem unguten und nie wirklich ausgesprochenen mehr unbewussten als bewussten Gefühlssumpf heraus, wuchs langsam aber sicher (m)ein Vorwurf:
„Wenn ich hier schon deine Brut großziehe, dann könntest du mir doch auch noch ein Kind gönnen!
Du hast ja schließlich auch zwei, äähh drei.“

 

Wie wir uns näher kamen lest ihr in Teil 3!

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