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Maybe, Baby?

Beziehungstipps und Paarberatung

Teil 4    „Versprochen ist versprochen“
Ich bat meinen Mann bereits schon in der nächsten Pause, uns zu diesem Thema „in der Mitte“ beraten zu lassen. Aber er wollte weiterhin lieber „nur gucken.“
Er war zwar, von dem was er da sah, bereits schwer beeindruckt, aber er fühlte sich außen im Plenum pudelwohl und hatte nicht die Absicht diesen Zustand zu gefährden.

Er genoss das Modul, die Arbeit und die Havel-Idylle in unseren Pausen.
Ich konnte das, trotz dass es mir anders ging, gut nachvollziehen.
Mit jeder Beratung, die in so einem Modul stattfindet, fühlt man sich mehr und mehr mit den anderen Anwesenden verbunden; durch soviel Offenheit wächst die Vertrautheit untereinander sehr schnell.

Wohlfühlen oder aufwühlen

Mein Mann war im Wohlfühlmodus und ich war aufgewühlt!
Mit fortschreitender Zeit geriet ich langsam in Panik. Immer mehr Paare ergriffen die Möglichkeit sich beraten zu lassen und die Chancen, noch einen Platz zu ergattern, schwanden.
Aber ich wollte mir diese Gelegenheit „mein“ Thema zu bearbeiten nicht entgehen lassen. Vielleicht gab es ja doch eine Lösung? Axel und seine Frau hatten es ja auch geschafft.

AB DURCH DIE MITTE

Aber mein Gatte ließ sich nicht ins Zentrum bewegen und ich schaffte es nicht, ihm meine Not so zu zeigen, dass er sie verstand. Ich hätte ihn nur unter Druck setzen können und das wollte ich nicht.

In der Abschiedsrunde wurden zuerst die Partner gebeten, ihre Stühle in die Mitte zu rücken und sich vor uns Teilnehmern, die im Außenkreis sitzen blieben, über ihre Eindrücke und Erfahrungen auszutauschen. Im Anschluss taten wir Teilnehmer das Gleiche. Erst da erreichten meine Worte das Herz meines Mannes – so hat er es damals tatsächlich formuliert.

 

Auch in Beratungen erlebe ich es häufig, dass Menschen sich nicht nur zuhören, sondern sich „auf einmal“ auch verstehen.
Das Setting ist anders und das Tempo langsamer. Wir können besser spüren, wie wir auf die Worte „wirklich“ reagieren. Auch, dass ich dabei bin, ändert etwas – selbst, wenn ich nicht den Mund aufmache.
Das Gesagte wiegt schwerer.

    • Wir überlegen beim Reden noch einmal, was wir ausdrücken wollen.
    • Wir spüren regelrecht nach, ob das Gesagte zu unserem Gefühl passt, wenn die Worte über die Zunge rollen.
    • Wir hören uns selbst zu.
    • Nicht selten, suchen wir dann noch einmal nach passenderen Worten, bis wir aussprechen können was wir wirklich meinen.

Das ist etwas anderes als zu Hause immer wieder die gleichen Sätze und Argumente zu wiederholen. Auch sind wir weniger abgelenkt. Es ist klar, dass wir nun da sind, um uns zuzuhören, uns auszudrücken und – auch sehr wichtig – es passt jemand auf, dass wir uns nicht ins Wort fallen.
Nicht zuletzt ist es der Job eines Therapeuten, dass das Gemeinte gesagt wird und es alle richtig verstehen – auch er selbst.

 

Vielleicht lag es an dem anderen Setting?
Wir saßen mit dem Rücken zu unseren Partnern in der Runde, während wir über unser Erleben in diesem Modul sprachen. Ich denke bis heute, dass ich eigentlich das Gleiche, wie zuvor auf unserem Zimmer, sagte.
Für Jan aber war es, als hätten meine Worte auf einmal ein anderes Gewicht und ihm wurde bewusst, dass ich dieses Paar-Modul offensichtlich ganz anders erlebte als er.
Das ich ihn eindringlich darum gebeten hatte „mit mir in die Mitte zu gehen“, hörte er erst jetzt. Er spürte und sah, wie aufgewühlt ich war.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nur ein:
„Ach, wär‘ doch nett, wenn wir die Chance nutzen würden…“ gehört.

Als ich die Runde verlies, nahm er mich in den Arm und wir gingen wortlos zum Mittagessen.
Selbst auf der Heimfahrt sagten wir nicht viel, aber es hatte sich trotzdem viel verändert.
Uns war jetzt beiden klar, dass wir uns um das Thema „Kinderwunsch“ bzw. „Kindernichtwunsch“ kümmern mussten; und auch umeinander.
Die Wortlosigkeit spiegelte unsere Ratlosigkeit WIE das geschehen sollte.
Wir brauchten Hilfe.
Zuhause angekommen hatten wir gemeinsam beschlossen, dass wir uns, während meines nächsten Ausbildungs-Moduls, beraten lassen wollten.

Zweisam statt Einsam

Jan kam also nach Fohrde und wir saßen – endlich – mit zwei meiner Kolleginnen und Axel in der Mitte.

 


„Es ist unmöglich sich zu verändern,
bevor man so gesehen wurde, wie man ist.“

 Jesper Juul


 

Ich hatte keine Ahnung wo ich anfangen sollte. Im Kreissaal?
Oder lieber erzählen, dass ich es manchmal ungerecht fand, dass mein Mann „nur“ eigene Kinder hat – und davon gleich drei.

Es steckte soviel Gefühl in mir und der ganzen Sache!
Letztendlich sprudelte alles gleichzeitig heraus – mit samt meiner Tränen. Ich überflutete meine Kolleginnen mit meinem Redeschwall bis Axel übernahm.
Bis dahin saß Jan still neben mir.

Axel:        „Was passiert bei Dir, wenn Du Deiner Frau zuhörst?“

Jan:         „Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll?!“

Axel:        „Kannst Du ihren Wunsch, nach noch einem weiteren Kind, verstehen?“

Jan:         „Ja. Aber gleichzeitig schneidet mich die Vorstellung auch irgendwie ab. Ich will mich nicht darauf einlassen.“

Axel:        „Auf was?“

Jan:         „Auf den Gedanken, wie es wäre, noch ein Kind zu haben. Ich weiß, dass wir uns dann wieder ein Stück verlieren, die durchwachten Nächte etc.; all‘ das habe ich schon dreimal hinter mir und jetzt ist unser Jüngster gerade aus dem Gröbsten raus…“

Claudia: „Aber nur einmal mit mir. Ich finde das ganz schön egoistisch von Dir. DU hast…“

Axel hob seine Hand und gebot mir Einhalt. Er wandte sich wieder Jan zu.

Axel:        „So wäre es also für Dich. Ich kann hören, dass Du Claudia gerne wieder mehr als Partnerin und nicht nur als Mutter eures Sohnes an Deiner Seite hättest.“

Jan:         „Ja! Ich hätte gerne wieder mehr Zeit für uns und die haben wir nun gerade wieder – seit Kurzem.“ 

Axel wandte sich an mich.

Axel:        „Wie ist das für Dich zu hören?“

Claudia: So ist das ja mit Kindern, man hat schon weniger Zeit für die Partnerschaft. Aber durch das Elternsein entsteht auch eine Verbundenheit und man bekommt so unglaublich viel von den Kindern zurück.“

Axel:        „Fehlt Dir was?“

Claudia: „Meinst Du in der Nähe zu Jan?“

Axel nickte

Claudia:  „Nein. Ich finde wir sind uns eigentlich sehr nah. Wir sprechen die gleiche Sprache und können uns gut erreichen. Außer bei diesem Thema, das sparen wir aus…“

Axel:        „Du meinst, wenn es um Deinen Wunsch geht, noch ein Kind von Jan zu bekommen?“

Claudia:  „Ja! Darüber können wir nicht reden. Es ist ja auch schwierig! „Ich will“, „Er nicht“ und halbe Kinder gibt es nicht. Diskussion beendet. Einer verliert in dem Spiel.“

Axel:        „Wenn ihr nicht redet verlieren beide!“

Jan:         „Wie meinst Du das?“

Axel:       „Bei machen Themen, Lebensvorstellungen und Wünschen gibt es keine einfache Lösung und auch keinen Handel, den man abschließen kann – die Erfahrung macht ihr gerade.

Claudia: „Das stimmt, es fühlt sich für mich an wie: „Aber ich versorge doch auch deine Kinder… Dann kannst du doch auch mir entgegen kommen…“ Wie ein Kuhhandel!“

Axel:       „Ja, solche Themen lassen sich nicht verhandeln. Aber es ist sehr wichtig darüber zu sprechen. Ihr erfahrt dann eine Menge über eure Sehnsüchte und Grenzen.“

Jan:         „Aber ich weiß ja, was Claudia sich wünscht – dass sie sich nach einem weiteren Kind sehnt. Wenn ich mit ihr darüber rede, habe ich das Gefühl ihr Hoffnung zu machen.“

Axel:       „Wenn Du nicht mit ihr redest, ist sie mit ihrem unerfüllten Kinderwunsch allein UND sie kann ihre Trauer darüber nicht mit Dir teilen.
Allein und einsam – das ist zu viel!“

Ich fing an zu weinen. Axel hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Jan überlegte lange.

Jan:         „Aber ist das nicht irgendwie verlogen, wie gesagt ich will nicht und dann tröste ich sie…?“

Axel:       „Bei ihr sein ist etwas anderes als ihre Wünsche erfüllen.“

Es war lange still im Seminarraum – nur ich schniefte ab uns zu. Dann bekräftigte Axel noch einmal, dass man auch mit unterschiedlichen Vorstellungen und Wünschen Zweisamkeit leben kann. Auch dann, wenn erst einmal keine Lösung in Sicht ist und es sie vielleicht auch nie geben wird.

 

Teil 5 erzählt von meiner ungeplanten Schwangerschaft.

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