Von Bauch- und Beutekindern
Hier lest ihr meine Geschichte über mein zweites Bauchkind. Mein erster, selbstgemachter Sohn kam schon im zweiten Jahr unserer Partnerschaft zur Welt. No.2 kam mit 10 Jahre Abstand zu Sohn No. 1 auf die Welt. Das ist eine Menge Zeit zwischen zwei Kindern und insofern auch eine lange Geschichte – eine Erzählung in sage und schreibe 10 Teilen. Sie hat viele Wendungen und Wirrungen und beschreibt wichtige Entwicklungsschritte, die mein Mann und ich erst einmal gehen mussten, bevor wir unseren Sohn in unserer Mitte begrüßen durften.
Versprochen ist versprochen …
und wird auch nicht gebrochen,
es sei denn ….
Teil 1 Kurz vor Weihnachten hatte ich Besuch von einer Familie, die ich schon seit einigen Jahren begleite. Zuerst als Familienberaterin und dann in meiner Patchworkelterngruppe.
Mittlerweile ist ihr Beratungsbedarf gegen null gesunken und dafür wächst langsam unsere Freundschaft – auch der Babybauch der Beutemama dieser Familie wächst und wir durften ihr zur lang ersehnten Schwangerschaft gratulieren.
Wie schön, denn ich weiß, dass sich die beiden mit dieser Entscheidung, noch ein Kind zu bekommen, nicht leicht getan haben.
Das wir uns angefreundet haben liegt mit Sicherheit auch daran, dass die Geschichte dieser Familie meiner eigenen Patchworkgeschichte sehr ähnlich ist; vor allem die Sache mit der zweiten Mutterschaft.
Die beiden haben einen gemeinsamen Sohn und er hat eine Tochter mit in die Beziehung gebracht. Soweit die Eckdaten, aber was uns verbindet sind nicht unsere genografischen Daten.
Es war ein Versprechen zu Beginn unserer Patchworkfamiliengründung, das wir beiden Beutemütter gaben.
Unsere Männer waren bereits Väter als wir in ihr Leben traten – logisch, ihr lest einen Patchworkblog und es gibt keine zweiköpfige Flicken-Familie. Die kleinste Patchworkfamilie hat drei Mitglieder + getrennten Elternteil = vier.
Meiner hatte, wie ihr wisst, bereits zwei Kinder, ihrer eins + Exfrau im Sinn. Meiner hatte seine Familienplanung abgeschlossen, ihrer auch.
Allerdings hatten sich beide echte Muttertiere eingefangen, die mit über dreißig an keinem Baby vorbeikamen, ohne dass ein sehnsüchtiges Lächeln über ihre Mundwinkel huschte – Beutekinder hin oder her.
Diese waren zugegebener Maßen auch sehr süß, aber eben nicht mehr ganz nagelneu, zudem nicht selbstgemacht und es mangelte uns an Mitbestimmungsrecht.
Der Wunsch nach einem eigenen Kind, so ganz ohne Fremdgeruch, war bei uns beiden übermächtig.
Das spürten wohl auch unsere Männer.
Also gab es eine mehr oder weniger besprochene Abmachung:
Ein gemeinsames Kind und dann ist aber auch genug!
Wir lassen uns manchmal auf Versprechungen und Lebensentwürfe ein, deren Auswirkungen wir zum Zeitpunkt des Handels gar nicht kennen können. Wie soll man beurteilen können, was es bedeutet in einem fremden Land zu leben, eine ganze Familie zu heiraten oder kein bzw. ein Kind zu bekommen, wenn man noch nicht einmal schwanger ist?
Viele dieser Lebenspläne und die damit verbundenen Versprechungen, die sich Paare geben, lasten oft schon nach kurzer Zeit auf ihnen.
Manche Dinge muss man erst leben um zu wissen, ob der Lebensentwurf passt.
Es ist ein bisschen wie mit dem Schwimmen, auch das kann man sich vom Beckenrand aus nur schwer vorstellen und lernen kann man es von da aus schon gar nicht!
Da hilft es auch nicht, wenn der Partner einem von dort zuruft:
„Aber es war doch klar, auf was Du Dich einlässt. Wir hatten es doch abgemacht.“
„Es ist im Leben wie im Schachspiel:
Wir entwerfen einen Plan;
dieser bleibt jedoch bedingt durch das,
was im Schachspiel dem Gegner,
im Leben dem Schicksal zu tun belieben wird.
Die Modifikationen, welche hierdurch unser Plan erleidet,
sind meistens so groß,
dass er in der Ausführung kaum noch
an einigen Grundzügen zu erkennen ist.“
Arthur Schopenhauer
Wir Frauen ließen uns auf diesen Deal ein.
Wir hatten ja auch keine Ahnung wie schwer es sein würde, unseren Teil des Vertrages einzuhalten; bis zu diesem Moment im Kreissaal.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne
Nach 18 Stunden Wehen und Saugglocke hatte ich endlich meinen Sohn in den Armen.
Der ganze Schmerz war vergessen, ich war verzaubert und geradezu schockverliebt in ihn – von der ersten Sekunde an.
Für dieses Wesen würde ich alles tun und zwar wirklich alles!
Ich war erfüllt und geradezu überwältigt von dieser Liebe, die mich da flutete. Es war unglaublich!
„Eine Mutter ist der einzige Mensch auf der Welt,
der dich schon liebt, bevor er dich kennt.“
Johann Heinrich Pestalozzi
Eigentlich wusste ich schon zu diesem Zeitpunkt, dass ich den Preis für mein Versprechen, nur ein Kind zu bekommen, kaum bezahlen konnte. Er kam mir jetzt schon viel zu hoch vor.
Trotz schwerer Geburt hätte ich das gleiche glatt nochmal durchgezogen, nur um sofort noch ein Kind zu haben.
Das änderte sich auch nach ein paar Jahren nicht, als der Bindungshormoncocktail seine Wirkung aufs Kuschelhormon Oxytocin beschränkte.
Wie kann man einen Menschen nur soo sehr lieben? Ich fand einfach alles an meinem Sohn toll.
Erst nach 3 1/2 Jahren verspürte ich langsam, aber wirklich nur ganz langsam, Lust auf einen Kurzurlaub mit meiner Freundin – allerdings kam sie auf die Idee, mein eigenes Hirn produzierte noch keine Gedanken, die nur mich im Sinn hatten. Ich musste mich auch erst einmal an die Vorstellung gewöhnen, nur mit ihr und ein paar anderen Mädels zu verreisen.
Ohne Mann okay, aber ohne Kind?!
Ich sag ja, Muttertier.
Meine Kinder, Deine Kinder
Die Tatsache, dass mein Blick zu dieser Zeit immer aufs Kind gerichtet war und nicht auf meinen Mann, bestärkte sein Gefühl, dass noch ein Kind ihn endgültig aus meinem Fokus rücken würde.
Mein Gefühl war: Mein Gott, Dich liebe ich ja sowieso!
Wie tröstlich, oder? Und ich konnte das auch gut begründen!
Schließlich hätte ich sonst nicht mein ganzes Leben im sonnigen Süden aufgegeben und wäre zu ihm gezogen, um mit ihm zusammen seine Brut großziehen.
Für mein Gefühl war ich ganz schön in Vorleistung gegangen.
Eigentlich hatte ich sogar das Gefühl, dass er mir dafür etwas schuldig war.
Wie die Geschichte weiter geht, erzähle ich euch im neuen Jahr!